Publikation: Gerko Egert, Knut Ebeling u.a. – Bettwanzen, Einsprenglinge…

Veröffentlichung von Knut Ebelings und Gerko Egert Sammelbandbeitrag »Bettwanzen, Einsprenglinge und transhumane Affizierungen«

nocture_Oktober

Als Teil des Sammelbandes Zukunft, gefaltet. Choreographien des Als-Ob, herausgegeben von Martina Bengert, Jörg Dünne und Max Walther, erscheint im Oktober 2021 ein gemeinsam mit Birgit Schneider verfasster Beitrag von von Knut Ebeling und Gerko Egert .

Auszug des Beitrags

Das Corona-Virus steht für die schockartige Erkenntnis, wie unsagbar fragil die menschlichen Systeme sind, und zwar alle: die technischen, sozialen und die biologischen. Covid-19 mit seiner hübschen Haeckel-Form ist fortan das Synonym für die Erfahrung, wie alle Teile der Gesellschaft gleichzeitig durch ein Problem betroffen werden können, dies weltweit und ohne dass ›wir‹, die Menschen, wirklich etwas dagegen tun können. Dabei ist diese Erfahrung nicht einzigartig und auch nicht neu. Alles ist mit allem verbunden. Wir sind verbunden über Wellen und Leitungen, wir sind aber auch global verbunden mit nicht-menschlichen Wesen. Wer sind die besten Verbinder? Ihnen gehört die Welt. Systemics (verbinden) ist das Paradigma unserer Zeit. Das alte Paradigma der Kybernetik. Scientia (trennen) hat ausgedient. Verbundenheit ist das neue Mantra. Being with. Ich umarme meine Bakterien. Wir sind keine Individuen, sondern wir sind Vielheiten, die von innigen, mitunter metabolischen Verbindungen mit anderen Organismen abhängen. Das anthropozentrische Weltbild ist abgeschafft, weg mit den Kategorisierungen, die eine Beschreibung der Welt und eine Politik nur grob wie eine Harke, die den Boden verletzt, leisten können. Da fällt einiges durch das Raster, vor allem Kleinstlebewesen, mit denen wir unseren K rper oder unsere Lebenswelt teilen. Auf einer Grünfläche in Berlin in der Nähe der Osloer Straße gibt es seit 2019 eine Demokratie der Organismen. Ihre menschlichen Partner verkünden: Alle Lebewesen dieser Grünfläche von der Schnecke über den Eschenahorn bis zum Wurzelknöllchenbakterium haben die gleichen politischen Rechte.«

(Schneider, Birgit/Ebeling, Knut/Gerko Egert: »Bettwanzen, Einsprenglinge und transhumane Affizierungen«, in: Martina Bengert, Jörg Dünne u. Max Walther (Hg.), Zukunft, gefaltet. Choerographien des Als-Ob, Berlin/Weimar: nocturne 2021, S. 176–197, hier S. 176)


Inhaltsbeschreibung des Sammelbandes
»Gründet Werkstätten!« ist eine mögliche Antwort auf die aktuellen Anforderungen, die gerade die Geisteswissenschaften dazu auffordern, sich in politische Diskurse einzuschreiben und diese darüber mitzuschreiben oder mitzugestalten. Unterbrechungen und Neuanschlüsse, das Kurzschließen und Öffnen linearer Fort-Schriften scheint uns hierbei ein möglicher Modus.
Zukunft, gefaltet. Choreographien des als-ob ist das für den Moment im Zeichenhaften stillgestellte Ergebnis einer kollaborativ-experimentellen Schreib- und Denkwerkstatt, an der elf Wissenschaftler:innen und Künstler:innen beteiligt waren. Angelehnt an das surrealistische Spiel Cadavre exquis waren die Mitschreibenden gleichsam Mitfaltende, Unterbrechende wie Unterbrochene: Ausformulierte Ansätze wurden, getaktet und gezeittafelt, fortgeschrieben, letzte Sätze eingefaltet weitergegeben und mitgerissen, woraus sich neue Anschlüsse, lose Enden und schlussendlich neun Textskulpturen ergaben, die die Signatur einer verzweigten Textagentur tragen. Agierende waren dabei nicht allein die Autor:innen oder die flüchtige Autor:innengruppe, sondern ebenso die Spielregeln, die Post und deren Irrwege, die lose im Dazwischen hängenden Anschlüsse, usurpatorische Würfelspiele und nicht zuletzt das Herausgeber*innen-Kollektiv, das als schaltende und verwaltende Instanz aktiv-passiv mitschrieb und (ver-)formte.


Zukunft, gefaltet. Choreographien des Als-Ob erscheint im Oktober 2021 bei nocturne, Berlin/Weimar. Es kann als Taschenbuch für 20€ (über Email an info@nocturne-plattform.de) bestellt werden und ist in digitaler Versionkostenfrei zugänglich.

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